Notgemeinschaft Nordhorn-Range

„Müssen Perspektiven für Familien schaffen“

Beitrag vom 10.01.2011

Neujahrsempfang: Nordhorns Bürgermeister mahnt Weichenstellungen für die Zukunft an

Die Stadt Nordhorn muss dem demografischen Wandel mit einer „ganzheitlichen Stadtplanung“ entgegenwirken und Perspektiven für Familien mit Kindern schaffen. Das hat Bürgermeister Meinhard Hüsemann beim Neujahrsempfang in der Alten Weberei gefordert. Kernaufgabe der Politik sei „die Stärkung der Lebensqualität“. Hüsemann forderte in diesem Zusammenhang die Anbindung der Kreisstadt an den Schienenpersonenverkehr und die Schließung von Nordhorn-Range. Er warnte davor, den Schuldenberg von derzeit 65 Millionen Euro weiter wachsen zu lassen.

Von Rolf Masselink - Nordhorn. Mehrere hundert Bürgerinnen und Bürger besuchten am gestrigen Sonntag den traditionellen Neujahrsempfang der Stadt im Kulturzentrum Alte Weberei. Als Dachverband und Sprachrohr des Nordhorner Sports stellte sich dabei der Stadtsportverband einer breiteren Öffentlichkeit vor. Wie vielfältig das sportliche Leben in Nordhorn ist, konnten die Besucher schon vor dem Betreten des großen Saals erleben: Verschiedene Sportvereine zeigten in der Weberei Beispiele ihrer Aktivitäten von der Sportakrobatik bis zum Schachspielen und vom Radfahren bis zum Boxen. Während des Empfangs stellte Vorsitzender Eckart Wassermann den Stadtsportverband und seine Arbeit vor. Und die überregional erfolgreichen Nordhorner Zwillinge Sandra und Susanne Schwenen stellten gemeinsam mit ihrem Vater Nordhorns neuestes Sportangebot im praktischen Wettkampf vor: Fechten.

Höhepunkt der Veranstaltung, die vom Chor „JaPoRoGo“ musikalisch umrahmt wurde, war die Neujahrsansprache des Bürgermeisters. Meinhard Hüsemann, von seiner schweren Erkrankung genesen, nutzte zum letzten Mal die Bühne dieses Empfangs für einen politischen Rückblick und Ausblick. Seine Standortbestimmung fiel diesmal besonders umfangreich aus – vielleicht, weil der dann 65-Jährige im September sein Amt abgibt. „Es war eine schöne Zeit, wenn sie auch mitunter sehr anstrengend war“, rief er seinen Zuhörern zu.

Jahrhundertwinter, Sturm „Norina“, Vechte-Hochwasser und dann wieder ein früher und schneereicher Winter – Hüsemann erinnerte an die Wetterkapriolen des vergangenen Jahres, auch um den herausragenden Stellenwert des ehrenamtlichen Engagements in Nordhorn zu würdigen. Der unermüdliche Einsatz unzähliger ehrenamtlicher Helfer habe bei diesen Naturereignissen die Stadt vor Millionenschäden bewahrt. Auch im Sozialbereich, in Vereinen und Verbänden, im Sport, in der Jugend- und Altenarbeit sei das soziale Engagement enorm und unverzichtbar.

Als „den absoluten Höhepunkt des Jahres“ bezeichnete der Bürgermeister das Festival des Sports im Rahmen des Städtewettbewerbs „Mission Olympic“. Auch wenn Nordhorn nicht Gesamtsieger geworden sei, habe die Stadt „so viel an Gemeinschaftsgefühl gewonnen wie bei keiner anderen Aktion vorher“.

Breiten Raum widmete der Bürgermeister den Herausforderungen, die sich aus der veränderten Altersstruktur der Bevölkerung ergeben. Nordhorn hatte Ende 2010 knapp 53500 Einwohner, das sind erstmals weniger als zu Jahresbeginn. Hüsemann erinnerte daran, das in der Stadt mehr Menschen sterben als Kinder geboren werden, und dass mehr Menschen wegziehen als zuziehen. „Wir müssen diese Entwicklung im Auge behalten, damit Nordhorn nicht eines Tages ausstirbt“, warnte der Bürgermeister. Gegengesteuert werden müsse mit einer „ganzheitlichen Stadtplanung“, die nicht nur bauliche Strukturen regelt, sondern „auch die Steuerung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Gemeinde im Blick hat“.

Deshalb will die Stadt Nordhorn zusätzliche Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren einrichten und auch flexible Angebote für kurzfristigen „ad hoc“-Betreuungsbedarf schaffen. Deshalb setzt der Bürgermeister auf eine Baulandpolitik, die auch weiterhin der Nachfrage nach Einfamilienhausgrundstücken gerecht wird, statt nur noch den Geschosswohnungsbau zu fördern. Deshalb will Hüsemann weiterhin mit qualifizierter Wirtschaftsförderung Arbeitsplätze schaffen und abgewanderten Grafschaftern Rückkehranreize bieten.

In der Schulpolitik setzt der Bürgermeister auf den Ausbau der Ganztagsangebote. Er kritisiert aber, dass das Land die Städte und Gemeinden dabei allein lasse. Das Land versuche, den Gemeinden die Kosten für zusätzliches Personal aufzubürden. Diesem Druck werde Nordhorn nicht nachgeben.

Um die Weichen für die künftige Stadtentwicklung richtig zu stellen, muss Nordhorn sich auch „um die belastenden Themen kümmern“. Das sind für Hüsemann der Kampf gegen Nordhorn-Range und die niederländischen Flughafenpläne bei Enschede sowie die Forderung nach Wiedereinführung des Schienenpersonenverkehrs. Dass Nordhorn nicht über einen Bahnanschluss verfügt, sei ein „struktureller Standortnachteil“. Gemeinsam mit BE und Landkreis werde Nordhorn für diesen Bahnanschluss eintreten.

„60 Jahre Nordhorn-Range sind nun wirklich genug“, rief Hüsemann unter dem Applaus der Anwesenden. Die Grafschaft fordere eine Gleichbehandlung mit Wittstock. Die Kreisstadt werde „alle uns zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, um zu einer Lösung in unserem Sinne zu kommen.“

Wehren werde Nordhorn sich auch gegen die niederländischen Flughafenpläne. Fluglärm, Belastungen von Natur und Umwelt und eine unnötige Konkurrenz zum Flughafen Münster/Osnabrück seien „große Risikofaktoren für unsere Region“.

Eindringlich warnte der Bürgermeister vor einem weiteren Anwachsen des städtischen Schuldenbergs. Zwar habe Nordhorn dank der unerwartet schnellen wirtschaftlichen Erholung den Etat 2011 ausgleichen können. Die Zinslast neuer Schulden nähme der Stadt aber alle Handlungsspielräume.

Bei Neujahrskuchen und Getränken nutzten die Besucher noch lange die Gelegenheit, Gespräche zu führen und Kontakte zu pflegen.