Notgemeinschaft Nordhorn-Range

Gefährliche Erbstücke aus Krieg und Frieden

Beitrag vom 17.07.2008

Bundeswehr lässt Munitions-Altlasten entsorgen – Funde auch außerhalb der Range-Grenzen

Von Rolf Masselink - Nordhorn. Mit Millionenaufwand betreibt die Bundeswehr seit sechs Jahren auf Nordhorn-Range die Suche nach gefährlichen Erbstücken aus Krieg und Frieden: Alljährlich im Sommer rücken private Spezialfirmen an, die auf der Range unter strengen Sicherheitsvorkehrungen Munitionsrückstände aufspüren und beseitigen. Die stammen nicht nur aus 60 Jahren Nato-Übungsbetrieb auf dem Luft-Boden-Schießplatz, sondern auch aus den 1930er und 40er Jahren. Damals hatte die deutsche Wehrmacht die abgelegenen Krupp’schen Heideflächen als Artillerieschieß- und Bombenabwurfplatz genutzt.

Neu hinzugekommen ist seit 2007 die Suche nach Munition und Sprengmitteln aus der Endphase des zweiten Weltkriegs unmittelbar entlang des Ems-Vechte-Kanals. Mit erschreckenden Ergebnissen: Auf diesem schmalen Randstreifen der Range wurden auf den gut 7,5 Kilometern zwischen Autobahn 30 und Nordhorn mehr als acht Tonnen Munition und Metallschrott geborgen, darunter rund 8000 Stück Munition. In der vergangenen Woche wurden die Arbeiten abgeschlossen.

„Wir haben hier alles gefunden von der Gewehrpatrone über Handgranaten, Flakmunition und Sprengmittel bis zur Fliegerbombe“, sagt Bundeswehr-Feuerwerker Sylvio Stöckert. Spektakulärste Funde waren 2007 eine 500-Kilogramm-Bombe und einige Gewehrgranaten. In diesem Jahr wurden Handgranaten, Flakmunition und eine vollständig erhaltene Panzerfaust ausgegraben. „Der Uferweg war 1945 eine Rückzugsroute der sich auflösenden deutschen Einheiten“, so Stöckert. „Die haben hier alles einfach weggeworfen, was sie nicht mehr brauchten, darunter auch große Mengen Munition.“

Abgesucht haben die Kampfmittelräumer 38 Hektar Gelände im Bereich des Randwalls der Range, Flächen also, die Eigentum des Bundes sind. Gefunden wurden aber auch Teile, die aus dem Kanal selbst stammen. Sie sind vermutlich beim Entschlammen des Kanals in den Jahren 1952 bis 1954 auf die angrenzenden Range-Flächen gespült worden.

Ob somit auch im Kanal oder seinen Uferbereichen mit weiteren Munitionsaltlasten gerechnet werden muss, mögen Luftwaffenvertreter nicht bewerten. Das zu prüfen, sei nicht Aufgabe der Bundeswehr. Fest steht aber, dass Landesdienststellen und Landkreis, Stadt Nordhorn und Gemeinde Wietmarschen über diese Frage längst nachdenken – und damit auch über die Frage, wer die Kosten für eine Kampfmittelsuche in diesen Bereichen tragen müsste.

Dass die Suche und Beseitigung von Kriegsaltlasten im Ems-Vechte-Kanal eine aufwändige Sache werden könnte, führt seit 2007 eine vergleichbare Aktion in Denekamp vor Augen. Dort räumen niederländische Experten seit Monaten deutsche und britische Munitionsreste aus dem Jahr 1945 aus dem Nordhorn-Almelo-Kanal.