Beitrag vom 03.11.2009
BETRIFFT: Nordhorn-Range
Nordhorn-Range begleitet uns Grafschafter schon seit langer Zeit, und die Diskussionen über seine Schließung reißen nicht ab. Zu Recht: Der Fluglärm ist für die betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürger eine große Belastung. In einem demokratischen Land kann und sollte jeder für seine Belange und Rechte eintreten.
Der Protest gegen Nordhorn-Range kennt aber auch interessante politische Konjunkturen, deren Höhepunkt vornehmlich in der Nähe von Landtags- oder Bundestagswahlen erreicht wird. Manch einer fühlt sich berufen, als Spitzenkandidat im Land zu versprechen, was er als Bundeskanzler nicht halten konnte. Heute wird wieder versucht, „neuen Schwung“ in das Politikum Nordhorn-Range zu bringen und einen groß angelegten Protest auf die Beine zu stellen. Diese Versuche werden zum Scheitern verurteilt sein. Denn es fehlt an neuen Ideen und dem Augenmaß dafür, wie mit einem Standort Nordhorn-Range wirklich konstruktiv umzugehen ist. Ewig gestrige Proteste von so genannten „Intellektuellen“, die hinter der so genannten „BRD“ und der deutschen Politik „imperialistische Umtriebe“ sehen, werden bei allen Verantwortlichen ungehört verhallen.
Die Grafschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten nicht einfach nur „Lärm und Bomben“ ertragen. Nordhorn-Range war und ist ein wichtiger Übungsstandort für unsere Bundeswehr und befreundete Streitkräfte. Damit haben wir einen wichtigen Beitrag zur deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur geleistet. Die Entwicklung des Platzes zeigt sehr deutlich, in welche Verantwortung hinein sich unsere Verteidigungspolitik entwickelt hat. Der „kruppsche Schießplatz“ ist Nordhorn-Range schon lange nicht mehr. Wir sind heute Teil der europäischen Gemeinschaft und stehen in der Einbindung internationaler Aufgaben.
Natürlich provoziert der Satz, „Deutschland wird am Hindukusch verteidigt“, in einem Land mit unserer Geschichte Widerspruch. Argumentiert man aber mit Augenmaß, muss man diesem Satz ergänzen: Europa wird am Hindukusch verteidigt, weil von dort auch für Europa reale Bedrohungen ausgehen. Das 20. Jahrhundert ist vorbei, die Welt hat sich verändert. Das weiß auch die Mehrheit der Grafschafter Bürger.
Unsere Demokratie braucht ein klares Bekenntnis zu unseren staatlichen Institutionen. Dazu gehört natürlich, dass sich unsere Streitkräfte in unserem Land auf ihre verantwortungsvollen Aufgaben vorbereiten können. Ich sehe, dass die Bundeswehr mit unseren Anliegen und Sorgen verantwortlich umgeht. Die Belastungen durch den Fluglärm sind nachweisbar stark gesunken und stehen in keinem Vergleich mehr mit den 1970er und 1980er Jahren. Aber ganz deutlich muss auch gesagt werden: Die restlichen Luft-Boden- Schießübungen in Deutschland dürfen nicht nur hier stattfinden. Jede Bundes- und Landesregierung steht in der Verantwortung, einen gerechten, bundesweiten Ausgleich der Lasten unserer Verteidigungspolitik zu suchen.
Wir müssen zu einer Neuformulierung der Grafschafter Politik in Sachen Nordhorn-Range finden. Eine neue Bundesregierung hat gerade ihr Amt angetreten, und in ihr sind an verantwortungsvoller Position viele Niedersachsen vertreten. Wir können nicht nur an die Bundesregierung appellieren und in alten Denkmustern stehen bleiben. Wir müssen uns beharrlich und vor allen Dingen pragmatisch in die Politik in Hannover und Berlin einmischen. Ein neues, konstruktives Gespräch muss seine Ausgangsbasis in Nordhorn und der Grafschaft haben, und es muss von uns geführt werden – ohne die ausgehöhlten Parolen von vorgestern.
Ulf Keller
Strengstraße 23
Nordhorn