Notgemeinschaft Nordhorn-Range

Protestaktion im Morgengrauen

Beitrag vom 24.09.2009

Notgemeinschaft schickt 50 Autos gegen die Range – Polizei verhindert Blockade

Von Thomas Kriegisch - Nordhorn. Die Demonstranten kamen gestern zwar im Morgengrauen, doch an der Kanal- Brücke erwartete sie bereits die Nordhorner Polizei mit zwei Streifenwagen und drei Beamten. Die Polizei hatte schon am Dienstagnachmittag über das Internet und aus einer Presseerklärung der Bürgerinitiative von der geplanten „Spontanaktion“ Wind bekommen, sich mit der Range- Kommandantur von der Luftwaffe auf die Demonstration vorbereitet und so den ungestörten Betrieb des Schießplatzes gestern sicher gestellt. Die einzigen, die somit gestern von der „Blockade“ aufgehalten wurden, waren Forstarbeiter.

Dass durch die bundesweit verbreiteten Vorabinformationen der Range-Betrieb nicht lahm gelegt werden konnte, störte die Vertreter der Notgemeinschaft jedoch wenig. Ihnen war wichtig, nach langer Zeit der Zurückhaltung noch einmal kurz vor der Bundestagswahl am Sonntag ein markantes Zeichen des Protestes in Richtung Berlin zu setzen. „Gerade vor der Bundestagswahl ist es höchste Zeit, sich wieder zu zeigen“, sagte Vorstandsmitglied Detlef Rüger zu der rund 60 Minuten langen Aktion, die dann auch nur „symbolisch die Aufnahme des Flugbetriebs verhindern“ sollte. Entscheidend sei, dass man wieder hier stehe und mit Nachdruck die Forderungen gegenüber der Bundespolitik vertrete: „Wir müssen in Berlin Gehör finden.“ Das Aus für das Bombodrom in Brandenburg habe die zeitweise zersplitterte Notgemeinschaft wieder zusammengeführt, sagte Rüger vor Medienvertretern.

Gegen 7 Uhr hatte sich gestern am Segelflugplatz Klausheide der Autokorso in Richtung Schießplatz in Bewegung gesetzt. Nur wenige Minuten zuvor war die Polizei an den wartenden Demonstranten in den am Seitenstreifen geparkten Autos vorbei gefahren. Am Protest gegen die Range beteiligten sich auch Landrat Friedrich Kethorn und Nordhorns Bürgermeister Meinhard Hüsemann. „Wir sind froh, dass heute von der Notgemeinschaft ein Signal gegen die Range ausgeht“, sagten beide. Sie sprachen die Hoffnung aus, dass diese Demonstration den Auftakt zu einer Reihe von noch massiveren Protesten bilden werde. Parallel zum laufenden Klageverfahren der von der Range betroffenen Kommunen vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück (Entscheidung voraussichtlich im Herbst) und der in den Bundestag eingebrachten Petition gegen die Range sei es wichtig, dass jetzt auch die Bürger ihren Protest zeigten: „Die Notgemeinschaft wird wieder aktiv. Heute ist es ein erstes hoffnungsvolles Zeichen – mehr noch nicht.“

Bei der Kundgebung an der Kanal-Brücke, wo sich die Notgemeinschaft erstmals unter ihrem neuen Logo versammelte, kündigte Rüger weitere Protestaktionen an. Der Verein, der keine Mitgliedsbeiträge erhebt, habe in jüngster Zeit viel Unterstützung erfahren und Spenden bekommen, die Aktionen nun wieder ermöglichten. Deutlich wurde in den Kundgebungsbeiträgen aber auch, dass die Notgemeinschaft inhaltlich die Akzente verschiebt. So war kaum noch vom Fluglärm, dafür jedoch viel von Umweltschutz, der Gefährdungslage durch die Nachbarschaft zum Atomkraftwerk in Lingen und der Gleichbehandlung mit Wittstock die Rede. Rüger bewertete es als eine „unwillkürliche Ungleichbehandlung der Regionen“, dass die Bundesregierung einerseits auf das Bombodrom Wittstock verzichtet, andererseits jedoch die Schießplätze Nordhorn und Siegenburg in Bayern weiter betreiben will: „Wir fordern Gleichbehandlung. Auch Nordhorn-Range und der Platz in Siegenburg müssen stillgelegt werden!“

Vorstandsmitglied Gustav Strötzel (Schüttorf) wies auf die lebensbedrohenden Gefahren für die Bevölkerung hin, die von einem Absturz eines übenden Militärjets auf das Atomkraftwerk in Lingen ausgehen können. Diese gefährliche Nachbarschaft bezeichnete Strötzel als „einmalig in der Welt“.

Dass die Range-Gegner den Schießplatz auch aus militärischer Sicht für völlig überflüssig halten, machte Vorstandsmitglied Wilhelm Jessing (Lohne) deutlich. Mit Blick auf die Anforderungen heutiger internationaler Militäreinsätze entfalle jegliche militärpolitische Rechtfertigung des Platzes. Der NATO-Partner Frankreich hätte den Übungsplatz 2008 schon gar nicht mehr genutzt: „Das Militär muss einsehen, dass hier Geld rausgeworfen wird für ein unnützes Ding.“

Dabei hat die Notgemeinschaft bereits eigene Vorstellungen über eine sinnvolle Folgenutzung: „Naturschutz und Naherholung müssen kommen – und keine Bedrohung mehr aus der Luft.“