Notgemeinschaft Nordhorn-Range

Landkreis legt Beschwerden ein

Beitrag vom 09.10.2010

Abfall und Range: Ziel ist Berufungsverfahren

Mit juristischen Argumenten will sich der Landkreis Grafschaft Bentheim gegen zwei Urteile des Verwaltungsgerichts Osnabrück wehren: Am 16. Juli hatte der Landkreis zusammen mit dem Kreis Emsland und sechs Kommunen eine Klage gegen die Bundesrepublik wegen Nordhorn-Range verloren (die GN berichteten), am 10. August wurde in einem Musterprozess gegen die Müllgebührenbescheide zu Ungunsten des Landkreises entschieden. In beiden Fällen ließ das Gericht eine Berufung nicht zu. Dagegen legt der Landkreis jetzt Beschwerden ein.

Von Irene Schmidt - Nordhorn. Die Mitglieder des Kreisausschusses waren sich in ihrer Sitzung am Donnerstag einig, in beiden Fällen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg einzulegen, um die Zulassung für ein Berufungsverfahren zu erwirken. In beiden Fällen hatte sich der Landkreis zuvor zusätzlichen Rat von Fachanwälten geholt.

Zum Thema „Schließung von Nordhorn-Range“ hatten sich die Landkreise Grafschaft Bentheim und Emsland sowie die Gemeinden Nordhorn, Lingen, Wietmarschen, Geeste, Emsbüren und Schüttorf zusätzlich zur Meinung ihres Rechtsberaters Dr. Michael Ronellenfitsch, Jura-Professor an der Universität Tübingen, den Rat des ehemaligen Richters am Bundesverwaltungsgericht Professor Dr. Ondolf Rojahn eingeholt, der als Richter auch am Wittstock-Verfahren beteiligt war. Das Gericht hatte vor gut zwei Jahren dem Bund die Weiternutzung des ehemaligen sowjetischen Truppenübungsplatzes in Wittstock als Bombenabwurfplatz untersagt. Sowohl Rojahn als auch Ronellenfitsch rieten den klagenden Kreisen und Gemeinden zur Beschwerde. In seiner Argumentation, die Klage gegen die Bundesrepublik komme um Jahre zu spät, hätte das Gericht berücksichtigen müssen, dass die Kläger erst einmal die Entwicklung in Wittstock abwarten wollten. Indirekt habe das Verwaltungsgericht Osnabrück dies ja auch anerkannt, indem es feststellte, die Kommunen hätten ja eher klagen und das Verfahren dann ruhen lassen können.

„Wir kämpfen gegen die Range auf drei Ebenen“, erklärte gestern Landrat Friedrich Kethorn: „Per Klage, per Petition und politisch“. Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages will sich laut Kethorn am 7. November vor Ort in Nordhorn ein Bild vom Leben auf und mit dem Bombenabwurfplatz machen.

Beschwerde legt der Landkreis außerdem gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück ein, mit dem der Nordhorner Peter Heilen stellvertretend für 76 weitere Kläger seine Müllgebührenbescheide für 2009 und 2010 aufheben ließ. Das Gericht folgte der Auffassung der Kläger, wonach die Grafschafter Gebührenzahler über die Deponiekosten mit für die Entsorgung des vom Landkreis Leer nach Wilsum gelieferten Mülls zahlen. In einem Fachgutachten, das vergangene Woche vorgelegt wurde, vertreten die Fachanwälte Professor Dr. Ludger-Anselm Versteyl und Udo Gresbrand aus Burgwedel die Auffassung, dass es „ernsthafte Zweifel“ an der Richtigkeit des Urteils gebe, berichtete Kethorn.

Auf Grund der Entscheidung im Jahr 2003, eine größere Mechanisch-Biologische Anlage zur Müllverarbeitung zu bauen und dafür Müll aus dem Landkreis Leer mitzuverarbeiten, seien den Grafschafter Bürgern höhere Gebühren erspart geblieben. An diesem Vertrag kritisierte das Gericht, dass die Kosten für die Sickerwasserentsorgung und Deponiebewirtschaftung allein von den Grafschafter Bürgern getragen werden müssten. Die Grafschafter zahlten so mit für den Müll aus Leer.

Aus der Sicht von Landrat Kethorn und den beratenden Anwälten hat das Urteil, gegen das nun Beschwerde eingelegt wird, eine grundsätzliche Bedeutung auch für etliche andere niedersächsische Kommunen. Denn hätte der Landkreis nicht den für Leer günstigen Vertrag unterzeichnet, dann hätte Leer möglicherweise ein anderes Angebot angenommen, und die Müllgebühren für die Grafschafter Bürger wären sogar gestiegen. „Das Gericht hätte die fiskalischen Betrachtungen mit berücksichtigen müssen“, sagte Kethorn gestern. Daher sähen die Anwälte und die Politiker im Kreisausschuss gute Chancen, dass eine Berufung doch noch zugelassen wird.