Notgemeinschaft Nordhorn-Range

Klage kommt sechs Jahre zu spät

Beitrag vom 17.10.2010

Niederlage von Range-Nachbarn vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück

Damit hatten die zahlreichen Vertreter der Landkreise Grafschaft Bentheim und Emsland, der Städte Nordhorn und Lingen, der Samtgemeinde Schüttorf, sowie der Gemeinden Wietmarschen, Emsbüren und Geeste nicht gerechnet: Mit versteinerten Minen registrierten sie, wie ihre Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, gegen die Nutzung des Luft-Bodenschießplatzes Nordhorn (Nordhorn-Range), vom Verwaltungsgericht Osnabrück abgewiesen wurde. Die Begründung schlug ein wie eine Bombe: „Der Klageanspruch ist verwirkt. Sie sind zu spät gekommen“, erklärte der Vorsitzende Richter, Michael Mädler. Auch eine Berufung werde nicht zugelassen.

Von Gerrit Knoops - Osnabrück / Nordhorn. Als für die Gemeinden um Nordhorn-Range nach dem endgültigen Aus der Bundeswehrpläne für Wittstock erkennbar wurde, dass voraussichtlich keine Entlastung oder Verlagerung des Übungsbetriebes nach Brandenburg erfolgen wird, klagten sie 2008 vor dem Verwaltungsgericht in Osnabrück. Zur Begründung führten sie an, dass im Jahre 2001 nach der Übernahme des Platzes eine Umwidmung erfolgt sei. Diese hätte eine zwingende Beteiligung der betroffenen Kommunen zur Folge haben müssen, sei aber nicht erfolgt. Ziel der Klage war eine vollständige Einstellung der Übungsflüge und des Schießbetriebs.

Als Rechtsvertreter konnte der Lehrstuhlinhaber für öffentliches Recht und Verwaltungsrecht in Tübingen, Professor Dr. Michael Ronellenfitsch, gewonnen werden. Er vertrat vor dem Verwaltungsgericht die Auffassung, dass sich nach der Änderung der Rechtsträgerschaft im Jahre 2001 auch das Rechtsregime geändert habe. Zur Verdeutlichung bemühte er eine Analogie: Wenn eine Autobahn zu einer Landstraße umgewidmet werde, gelte für diese Straße nicht mehr Bundes- sondern Landesrecht. Vergleichbar sei es in dem vorliegenden Fall. Die Klage der Gemeinden sei keine antimilitärische Aktion, der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr werde akzeptiert. Allerdings gelte auch: „Die Bundesrepublik wird nicht nur in Nordhorn verteidigt.“ Der Klägeranwalt bezeichnete den Übungsplatz als „Schwarzbau, der nicht genehmigt“ sei.

Dem entgegnete der Anwalt der Bundeswehr, Carsten Bethke, dass keine Genehmigung erforderlich gewesen sei, weil sich zwar der Nutzer, nicht aber die Art und der Umfang der Nutzung geändert habe. Insofern sei auch keine planungsrechtliche Einbeziehung der angrenzenden Gemeinden erforderlich gewesen. Außerdem verwies er darauf, dass jemand, der sehe, wie sein Nachbar einen Schwarzbau hochzieht, nicht Jahre warten könne, sondern sich bei bestehenden Bedenken rechtzeitig juristisch zu wehren habe.

Dieser Auffassung schloss sich das Gericht an. Der Vorsitzende Richter, Michael Mädler, machte zu Beginn der Urteilsbegründung deutlich, dass sich das Gericht durchaus bewusst sei, welche hohe Erwartungen die anwesenden Kläger gehabt hätten. Das vorliegende Problem sei aber nur juristisch zu lösen und dabei gehe es um die Anwendung geltenden Rechts. Aus Gründen des Rechtsfriedens hätte die Bundeswehr darauf vertrauen müssen, dass die Gemeinden nicht Jahre nach der Nutzungsübernahme eine Klage einreichen würden. Das „Wir warten noch auf einen Entscheidung zu Wittstock“ sei kein entlastender Grund für die verspätete Klage.

Nach der Urteilsverkündung reagierten die anwesenden Bundeswehrvertreter und ihr Rechtsanwalt gelassen: Sie hatten mit dem Urteil gerechnet. Ganz anders die Klägerseite: Landrat Friedrich Kethorn, der während der Verhandlung noch einmal auf die „unerträgliche und inakzeptable Lärmbelastung“ hingewiesen hatte, gab sich kämpferisch. Man wolle weiter versuchen auf der politischen Ebene das Ziel einer vollständigen Schließung des Platzes zu erreichen. Schon in naher Zukunft werde der Petitionsausschuss der Bundestages sich bei laufendem Flugbetrieb ein eigenes Bild machen.