Beitrag vom 16.11.2009
Gedenkveranstaltungen am Volkstrauertag – Peters: Erinnerungen nicht verdrängen
rm Nordhorn. Mit Gedenkveranstaltungen wurde am gestrigen Volkstrauertag in verschiedenen Städten und Gemeinden der Grafschaft der Opfer von Krieg und Vertreibung, Gewaltherrschaft und Terrorismus gedacht. Bei der zentralen Kundgebung im „Schwarzen Garten“ in Nordhorn forderte der reformierte Pastor Gottfried Peters dazu auf, Verantwortung zu übernehmen, Zivilcourage gegen Ausgrenzung und Ausweisung zu zeigen und grenzüberschreitend für Frieden und Versöhnung einzutreten.
Im „Schwarzen Garten“ in Nordhorn hatten sich gestern neben den Führungsspitzen von Stadt und Landkreis, Vertretern der Politik und des öffentlichen Lebens auch Mitglieder von Friedensgruppen und der Bundeswehr eingefunden. Besonders begrüßt wurden vom Nordhorner Bürgermeister Meinhard Hüsemann zahlreiche Vertreter der niederländischen Nachbargemeinde Dinkelland.
91 Jahre nach dem Ende des ersten und 64 Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs habe der Volkstrauertag noch immer seine Berechtigung, erklärte eine Vertreterin der Nordhorner Landjugend bei der Eröffnung der Gedenkfeier. Denn Friede und Versöhnung seien nicht selbstverständlich, sondern müssten erarbeitet und gestaltet werden.
Erstmals seit Jahren hielt mit Gottfried Peters wieder ein Geistlicher die Hauptansprache im „Schwarzen Garten“. Das hatte die ökumenische Pastorenkonferenz zuvor beschlossen. Peters warb in einer engagierten Rede dafür, Erinnerungen nicht zu verdrängen, sondern mit der Erinnerung Leid zu benennen, Verantwortung zu übernehmen und Wege der Wiedergutmachung zu suchen. Er erinnerte an die „Pioniere der Versöhnung“, die gerade in Nordhorn dazu beigetragen hätten, „dass sich Menschen diesseits und jenseits der deutsch-niederländischen Grenze wieder unvoreingenommen die Hand reichen“.
Peters wies darauf hin, dass „das Unfassbare der bürokratisch verordneten Auslöschung ganzer Volksgruppen und das Völkerverbrechen der systematischen Judenvernichtung“ nicht „einfach im fernen Berlin ersonnen, sondern auch hier vollzogen“ worden sei. Die Festsetzung dieser Vernichtungspolitik in den Köpfen des ganzen Volkes sei das eigentlich Unglaubliche.
Bis heute, so Peters, versuchten viele Mittäter und Kriegsteilnehmer ihre Erinnerungen zu verdrängen. „So lebt die Kehrseite der Gewalt als Gefühlsverweigerung und Gesprächslosigkeit zwischen Großeltern und Enkeln fort“. Peters appellierte an jene traumatisierten, „emotional amputierten“ Zeitzeugen, ihr Schweigen endlich zu brechen.
Für die Menschen heute stelle sich die Frage, wie sich Zivilcourage, das Eintreten gegen Ausgrenzung und Ausweisung, wirksam leben lasse. Gute Beispiele gebe es: Geschichtswerkstätten das Forum Juden/Christen, die Aktionen Schritte gegen Tritte und andere leisteten „aktive, vorwärtsgerichtete Arbeit“. Nordhorn, so der Pastor, solle sein Leitbild der Wasserstadt zur friedlichen Wasserstadt ausbauen. Ohne den Schießplatz Nordhorn-Range namentlich zu nennen, rief Peters dazu auf, Zivilcourage auch zu zeigen, indem das „hässliche Bild einer Lärmstadt auf allen Planungsebenen eingedämmt wird“.